#1

Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 20.11.2023 14:07
von Nicole31 • 7 Beiträge | 7 Punkte

Halo zusammen,

ich bin Nicole 27 Jahre alt und bei meiner Recherche für meine Masterarbeit auf euer schönes Forum gestoßen. Ich studiere Ethnologie am Institut für Verhaltens- und empirische Kulturwissenschaften an der Universität Heidelberg und schreibe zur Zeit meine Masterarbeit darüber, wie Frauen nach Fehlgeburten mit ihrer Trauer und ihrem Verlust umgehen. Da Schwangerschaftsverlust in unserer Gesellschaft ein großes Tabuthema ist und Frauen danach meist allein gelassen werden, interessiert mich, wie ihr damit umgeht, was euch hilft und was ihr euch von der Gesellschaft wünschen würdet. Wenn sich jemand von euch bereit fühlt, sich ein wenig mit mir darüber auszutauschen und mir bei meiner Forschung behilflich zu sein, würde ich mich freuen, wenn ihr mir hier oder auch gerne privat eine Nachricht schreibt.

Lieber Gruß
Nicole

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#2

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 21.11.2023 12:57
von Fanny • 237 Beiträge | 237 Punkte

Hallo Nicole!
Falls sich niemand findet und es nicht zu zeitaufwendig ist (2 Kiddys daheim) kann ich gerne unterstützen.
Allerdings ist es bei mir nun schon 2,5 Jahre her und ich hatte keine gesellschaftlichen Probleme sondern gute Unterstützung.
Lg Fanny

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#3

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 21.11.2023 13:10
von Nicole31 • 7 Beiträge | 7 Punkte

Liebe Fanny,

vielen Dank für Dein Angebot.

Es reicht aus, wenn Du schriftlich Deine Geschichte erzählst und was Dir im Nachhinein während der Zeit geholfen hat. Das können kleine Rituale sein oder auch der Austausch mit anderen Frauen sein, die Ähnliches erleben mussten.
Du kannst mir gerne privat schreiben oder auch hier öffentlich, vielleicht kann so ja auch eine kleine Gruppendiskussion entstehen, in der ihr euch darüber austauscht, was euch geholfen hat, gerade hilft oder helfen würde.

Liebe Grüße
Nicole

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#4

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 21.11.2023 15:33
von Susanne • 4.602 Beiträge | 4620 Punkte

Hallo in die Runde, ich mache mal den Anfang. Ich fand es für den Akt des Begreifens gut zu gebären und dann das Kind zu beerdigen. Die Zeit des Wartens auf die Abgänge waren für mich auch Prozesse, in denen ich langsam anfing los zu lassen. Des weiteren habe ich dann den Austausch mit anderen Betroffenen gesucht, den ich leider in meinem sozialen Umfeld nicht fand. Auch die damals vorhandenen Foren waren nicht das, was ich suchte. Daher gründete ich vor 4 1/2Jahren selber ein Forum, was so aufgebaut ist wie das, was ich damals suchte. Auch Selbsthilfegruppen finde ich eine gute Sache, wobei die Hemmschwelle dorthin zu gehen deutlich größer ist und die Termine meist nur 1x im Monat sind, und nicht dann, wenn mir gerade die Seele brennt. Lg Susanne


zuletzt bearbeitet 21.11.2023 15:36 | nach oben springen

#5

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 21.11.2023 19:49
von Annie • 21 Beiträge | 21 Punkte

Mir hat bei der Verarbeitung auch die "kleine Geburt" geholfen und auch das Warten darauf (knapp 3 Wochen nach der Diagnose "missed abortion"). Die Wartezeit gab mir die Möglichkeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass alles, was ich mir für die nächsten Monate ausgemalt hatte nun doch anders kommen würde. Mein Kind sehen und im Garten beerdigen zu können, hat es real werden lassen. Ich konnte auch Fotos machen, die ich mir jetzt, nach 1,5 Jahren immer noch hin und wieder anschaue.
In dieser Zeit war es für mich total wichtig, dass mich Leute darin bestärkt haben, mir diese Zeit zu nehmen (bei einer Ausschabung hätte vielleicht, zumindest rein körperlich, eine kürzere Krankschreibung "gereicht"). Es hat gut getan, dass sich Menschen bei mir erkundigt haben, wie es mir geht, auch noch einige Wochen später. Von allein mochte ich es irgenwann nicht mehr ansprechen, aber ich hatte noch das Bedürfnis zu reden und war froh, wenn jemand gefragt hat. Die Hebammenbegleitung fand ich auch sehr hilfreich in dieser Zeit. Das Lesen Forum hier hat mir unglaublich gut getan, weil ich mich weniger allein gefühlt habe.

zuletzt bearbeitet 21.11.2023 19:50 | nach oben springen

#6

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 21.11.2023 19:58
von Annie • 21 Beiträge | 21 Punkte

Und was mir geholfen *hätte*:
- Wenn ich vorher gewusst hätte, dass auch andere Frauen aus meinem Umfeld da schon durch mussten und wie sie damit umgegangen sind.
- Wenn mein Arzt von Anfang an die drei Optionen Warten, Ausschabung oder Medikamente genannt hätte. So musste ich mir vieles erst anlesen und meine Entscheidung verteidigen. Wäre es meine erste Schwangerschaft gewesen, hätte ich das bestimmt nicht gekonnt. Ich konnte es nur, weil ich aus der Geburt meines ersten Kindes gelernt hatte, dass ich mich nicht mehr fraglos auf alles einlasse.
- die Gewissheit, dass ich ohne Probleme an Medikamente komme, falls es von alleine nicht losgeht oder klappt. Das hätte Druck rausgenommen. Ist aber ja leider nicht so.

zuletzt bearbeitet 21.11.2023 19:59 | nach oben springen

#7

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 22.11.2023 11:53
von Nicole31 • 7 Beiträge | 7 Punkte

Liebe Susanne,

vielen Dank für das Berichten deiner Erfahrungen. Wie schön, dass du dieses Forum hier gegründet hast und nun so viele Frauen davon porfitieren können und ihr alle einen Ort habt, wo ihr euch austauchen könnt und mit euren Erfahrungen nicht allein seid.

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#8

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 22.11.2023 11:56
von Nicole31 • 7 Beiträge | 7 Punkte

Liebe Annie,

vielen Dank, dass du von deinen Erfahrungen berichtet hast. Schön, dass du durch deine erste Schwangerschaft gelernt hast, auf deinen Körper zu hören und so die Gelegeneheit hattest, durch die kleine Geburt besser loslassen zu können. Wie schade, dass darüber nicht mehr gesprochen wird und es von ärtzlicher Seite aus nicht mehr Informationen darüber gibt.

Alles Gute für dich und liebe Grüße
Nicole

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#9

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 23.11.2023 13:34
von Fanny • 237 Beiträge | 237 Punkte

Liebe Nicole!
Also meine Geschichte kurz und knapp: Sohn 2019 ganz unkompliziert, 2021 schwanger mit Zwilling. Viele Ängste und Sorgen (damals auch Corona). Blutung auf Weg in die Arbeit, gleich zur Frauenärztin und Gewissheit dass sie seit der 9. SSW nicht mehr gewachsen sind, Abgang in der 12.
Mir hat wohl am meisten meine Frauenärztin geholfen. Sie ist so einfühlsam und vorsichtig mit ihren Worten gewesen und sie musste es selbst 2 oder 3 mal erleben. Sie erklärte mir alle Optionen und gab mir zur Sicherheit eine Überweisung fürs Krankenhaus, falls ich doch hin will. Und sie gab mir ihre private Nummer, da dann Wochenende war.
Auch die fast 4-wöchige Krankschreibung hat mir geholfen. Ich wollte erst wissen, dass mit meinem Körper wieder alles passt, bevor ich arbeiten ging. Und das dazugehörige Verständnis auch von den Arbeitskolleginnen, mir diese Zeit zu nehmen.
Ebenso es allen Freundinnen/Verwandten zu erzählen wenn das Thema aufkam. Irgendwann hatte ich dann keine Lust mehr, aber anfangs half es mir sehr.
Mir hat auch die kleine Geburt zu Hause und das beerdigen im Garten geholfen. Haben einen Baum darauf gepflanzt und dort stehen jetzt meine 2 Zwerge und ich gehe gern vorbei und denk an meine 2 Zwerge im Himmel ☺️

Für mich war nur sehr schwierig dass ich dann länger nicht schwanger wurde und dadurch sehr traurig war. Aber ich konnte die FG gut einordnen und finde immer einen Sinn in den Dingen die in meinem Leben passieren. Zumindest im Nachhinein 🍀 also würde ich sagen, dass mir auch der Glaube und das Gottvertrauen viel geholfen haben.

zuletzt bearbeitet 23.11.2023 13:35 | nach oben springen

#10

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 24.11.2023 11:57
von Nicole31 • 7 Beiträge | 7 Punkte

Liebe Fanny,

vielen Dank für Deine Geschichte. Wie schön, dass Deine Frauenärztin so einfühlsam war und Du einen so guten Umgang mit Deiner Fehlgeburt gefunden hast.

Alles Gute und liebe Grüße
Nicole

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#11

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 24.11.2023 12:04
von Nicole31 • 7 Beiträge | 7 Punkte

Wozu mich eure Meinung noch sehr interessieren würde:

1. Welchen Einfluss hat die Tabuisierung von Fehlgeburten in unserer Gesellschaft auf die Verarbeitung des Verlustes und der Trauer?
2. Würdet ihr euch mehr Angebote wünschen und falls ja, wie könnten diese aussehen?
3. Denkt ihr, dass es bei der Verarbeitung der Trauer helfen würde, wenn es in unserer Gesellschaft ein Ritual für den Umgang mit Fehlgeburten geben würde, das ganz selbstverständlich nach dem Verlust ausgeübt wird, möglicherweise auch in einem öffentlichen Rahmen?

Vielleicht hat die ein oder andere von euch ja ein paar Gedanken dazu, die sie gerne teilen würde :) (gerne auch privat)


zuletzt bearbeitet 24.11.2023 12:04 | nach oben springen

#12

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 24.11.2023 20:32
von Annie • 21 Beiträge | 21 Punkte

1. Dadurch, dass niemand wirklich darüber spricht, fällt es einen sehr schwer, es einzuordnen. Darf man so traurig sein? Wie lange? Ist es ok, sich deswegen krankschreiben zu lassen? Wie lange? Ich habe wahnsinnig viele Erfahrungsberichte und Foreneinträge gelesen in der ersten Zeit und dadurch gelernt, dass es eine große Bandbreite im Umgang mit Fehlgeburten gibt und dass jede Frau auch ein Stück ihren eigenen Weg finden muss, aber davor wusste ich nahezu nichts darüber.
2. Ja, z. B. niederschwellige und sehr zeitnahe Möglichkeit, mit jemandem zu sprechen oder zu einer Gruppe zu gehen. Ich hatte die Möglichkeit zu sehr hilfreichen Gesprächen mit meiner Hebamme, aber das ist nicht die Regel.
Ein Infoblatt (wie das von Susanne) beim Frauenarzt mit den verschiedenen Möglichkeiten und evtl Adressen hätte mir auch geholfen.
3. Ja!

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#13

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 25.11.2023 06:01
von Susanne • 4.602 Beiträge | 4620 Punkte

1. Viele Frauen machen die Erfahrung des Erlebens der entrechteten Trauer, gerade wenn es ein Verlust in den frühen Wochen ist. Wenn sie sich öffnen, dann stoßen viele auf Unverständnis. Das hat dann zur Folge, dass man sich zurückzieht, vielleicht seine eigenen Gefühle in frage stellt, was für die Trauerverarbeitung kontraproduktiv ist. Oder aber man mag selber von vorneherein nicht von der FG erzählen, weil es nicht ins gesellschaftliche oder eigene Bild passt, DIE natürliche Aufgabe einer Frau ein Kind zu bekommen, nicht erfüllen zu können. Viele empfinden Scham und Schuld. All das sind Faktoren, die es schwer machen die Trauer anzunehmen und zu verarbeiten.
2. es ist wichtig zu verbreiten wie normal und häufig gerade frühe FG sind, denn 80% passieren im ersten Trimester. und jede 3.-7. Frau erlebt sie (leider gibt s keine genaue Zahlen). Das Wissen würde viel Last nehmen und enttabuisieren. Es gehört schon in der Schule in den Bio Unterricht. Auch ist eine Patienteninfo wichtig (wird es hoffentlich !! bald geben) in jeder Praxis.
3. Ja, wäre hilfreich, weil viele einfach zu unbeholfen sind im Umgang mit Trauer. es würde sozusagen einen "rechtlichen" Rahmen für die Frauen schaffen.

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#14

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 25.11.2023 07:18
von Nine87 • 386 Beiträge | 386 Punkte

1. Von unserer Fehlgeburt wissen nur mein Mann und eine andere Person. Diese auch nur, weil sie gleichzeitig schwanger war.

Mit meinem Mann ist es weiterhin manchmal ein Thema. Die Angst, dass irgendwas schief gehen kann, ist bei mir immer geblieben.

Mit der anderen Person habe ich nie darüber gesprochen.

Ich bin kein Typ für Mitleid und kann damit sehr sehr schlecht umgehen. Daher ist es für mich optimal anonym in diesem Forum zu schreiben. Würde ich jemanden kennen, der auch eine Fehlgeburt hatte, würde ich aber schon mit der Person sprechen. Daher ist es doch irgendwo schade, dass man nie darüber spricht.

2. Mir war nie klar, dass jeder eine Fehlgeburt haben kann. Das der Weg zum Kind schwierig sein kann ja, aber Fehlgeburten passten nicht in mein Weltbild. Für mich musste es dafür einen Grund geben. Sowas wie intensives Rauchen, Alkohol, Drogen, schlechte Ernährung usw. Ich hätte vorher gerne gewusst, dass es wirklich jeden treffen kann und es auch genetische Fehler geben kann o. ä. Es gehört für mich auch in den Schulunterricht, ebenso wie Verhütung. Warum bekommt man Jahre lang gesagt, dass man aufpassen muss nicht schwanger zu werden, aber auf den schwierigen Weg zu einer Schwangerschaft und einem Baby wird nie hingewiesen?

3. Unbedingt!

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#15

RE: Masterarbeit Fehlgeburt

in Dies und Das 25.11.2023 07:41
von Epiphanie • 707 Beiträge | 709 Punkte

1. Ich gehe grundsätzlich sehr offen mit meinen Fehlgeburten um, aber trotzdem merke ich immer eine kleine Hemmschwelle. Dabei bekommt man im Gespräch mit anderen Frauen tatsächlich ziemlich häufig zu hören, dass sie Ähnliches erlebt haben. Es tut dann sehr gut, sich auszutauschen, das merke ich auch an diesem Forum. Viele Frauen hier berichten auch davon, dass sie nicht nur endlich frei ihre Geschichte erzählen können, sondern dass sie hier auch endlich die Reaktionen bekommen, die gut tun, nämlich kein "Beim nächsten Mal klappt es bestimmt" o.ä. Ich denke auch, dass eine Enttabuisierung helfen würde, da für viele Frauen mit Kinderwunsch das Thema Fehlgeburt nur eine vage Vorstellung ist, etwas, was nur ganz, ganz selten vorkommt. Dass es viel häufiger vorkommt, wissen viele nicht, daher ist das Loch umso größer - obwohl wir alle wissen, dass man sich trotzdem nie wirklich darauf vorbereiten kann, daher zu Punkt 2 ...

2. ... dieses Forum hier war eine enorme Stütze für mich. Obwohl ich das Glück hatte, dass ich, nachdem ich mich nach meiner letzten FG hier angemeldet habe, keine weitere FG mehr erleben musste, sondern ein gesundes Kind bekommen durfte. Ich habe selbst keine weiteren Hilfsangebote in Anspruch genommen, aber ich habe mich immer länger krank schreiben lassen - mit Ausnahme nach meiner ersten FG. Damals war mir nicht klar, dass das ein Grund für eine Krankschreibung sein kann, was wieder auf Punkt 1 zurückführt. Es sollte selbstverständlich sein, dass der*die FA*Ä die Patientin nach einer FG krank schreibt, es sei denn, sie lehnt diese ausdrücklich ab, weil sie die Arbeit z.B. zur Ablenkung braucht. Nicht umgekehrt, dass manche Frauen um eine Krankschreibung betteln müssen.

3. Einerseits ja, denn das würde ja auch bei der Enttabuisierung helfen. Andererseits ist es natürlich ein sehr persönlicher Prozess, bei dem man möglicherweise nicht fremdbestimmt werden will. Aber man liest von manchen Eltern, die im KH die FG erlebt haben, dass es dann ein Sternenkinderbegräbnis gab. Andere KH bieten so etwas nicht an. Ich könnte mir so etwas vorstellen, wie dass es auf Friedhöfen einen Platz gibt, an dem Eltern eine kleine Erinnerung für ihr Sternchen hinterlegen können, ein Stein oder so etwas. Vielen Frauen passiert es ja auch, dass sie den Abgang zuhause erleben und dann unter Tränen, weil verzweifelt und keine andere Option sehend, ihr Kind in die Toilette spülen. Genau das ist mir auch bei meinen ersten drei FG passiert.


zuletzt bearbeitet 25.11.2023 07:42 | nach oben springen


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